Chronik – Teil I, 1921-1966
Vorwort: Diese Chronik basiert auf der Vereinsgeschichte, welche von Anton Arnold (Burladingen) verfasst wurde, entnommen aus der Festschrift von 1966, und ist eine Zusammenfassung der Jahre 1921 bis 1966.
Nach dem Ende des 1. Weltkriegs 1918 wurde erkannt, dass für die Jugend im Lande etwas getan werden musste. In vielen Kreisen wurde ein Kreisjugendpfleger und eine Kreisjugendpflegerin bestellt, denen die Aufgabe oblag, sich der Jugend anzunehmen und sie körperlich und geistig zu betreuen. Diesem Umstand verdankt der Turnverein Stetten seine Entstehung. Der damaligen Kreisjugendpfleger für den Kreis Hechingen, Heinrich Haiber (Hausen i. K.), gründete in seiner Position als 2.Vorsitzender des Turngaues Hohenzollern viele Turnvereine im Kreis Hechingen, diese wurden von ihm 1921 unter dem Namen „Starzel-Alb-Gau“ zusammengefasst.
Auf Initiative von H. Haiber wurde durch den in Stetten wirkenden Volksschullehrer Anton Stehle im Gasthaus ‚zum deutschen Kaiser‘ am 5. Juni 1921 eine Gründungsversammlung einberufen. Nach einer Ansprache von H. Haiber wurde sofort zur Vereinsgründung geschritten; dem neu gegründeten Verein traten zunächst 24 Mitglieder bei.
Die Wahlen hatten folgendes Ergebnis:
1. Vorsitzender Lehrer Maximilian Heinzelmann, 2. Vorsitzender und Schriftführer Jakob Riedinger, 1. Turnwart Bernhard Holzhauer, 2. Turnwart Wendelin Schmid und als Rechner Fidel Heinzelmann
Es wurde auch sogleich der Anschluß an den „Starzel-Alb-Gau“ beschlossen.
Das ehrgeizige Ziel, im selben Jahr noch beim Gauturnfest am 17. Juni in Hausen i.K. teilzunehmen, wurde trotz fehlender Geräte, fehlendem Geld und Zeitmangel erreicht. Die beiden teilnehmenden Turner kehrten mit Kranz und Sieg heim.
Duch Material- und Sachspenden der Gemeinde und des Staates konnten wichtige Anschaffungen wie ein Reck und ein Barren getätigt werden. Trotz all dieser Schwierigkeiten – noch dazu mitten in einer Inflationszeit – gelang es dem jungen Verein in den folgenden Jahren bei Gau- und anderen Turnfesten beachtliche Erfolge zu erzielen.
Aufgrund der Geldentwertung wurden eingegangene Spenden sofort in Sachwerte umgesetzt und Turngeräte angeschafft. Geräte wie Sprungständer, Sprungbrett und andere kleine Turngeräte wurden von örtlichen Handwerkern unentgeltlich geliefert oder von Mitgliedern selbst gebastelt. Auch eigens durchgeführte Haussammlungen trugen dazu bei, dass der Verein benötigte Geräte wie Reck, Barren, Speer und Matten anschaffen konnten.
Eine große Hilfe in den Anfangsjahren waren der örtliche Pfarrer Dieringer und Bürgermeister M. Maichle, welche den Bestrebungen des Turnvereins aufmerksam und sympathisch gegenüberstanden und den Verein bestmöglichst unterstützten.
Durch die Teilnahme und Erfolge bei vielen Turnfesten in umliegenden Gemeinden, wie Gauturnfest in Ringingen 16.7.1922, Gauturnfest in Stetten bei Hechingen 1923, Gauturnfest in Killer 20.7.1924, Gauturnfest in Schlatt 1925, Gauturnfest in Starzeln 1926, Gauturnfest in Melchingen 17.7.1927, Gauturnfest in Boll 1928 und Gauturnfest in Jungingen 1929 wuchs auch in der Heimatgemeinde selbst allmählich das Ansehen.
Ob als Einzelturner, Vorturner oder im Vereinswetturnen – allesamt machten die Sportler des TV eine gute Figur und repräsentierten den Verein in den umliegenden Gemeinden würdevoll.
Auch die frühe Aufnahme des Theaterspiels trug maßgeblich dazu bei die Sympathien im Ort zu wecken. Vor interessiertem Publikum aus der Gemeinde selbst und auch von auswärts wurden alljährlich zum Teil anspruchsvolle Stücke aufgeführt, denen als Nachspiel meist humorvolle Schwänke folgten. Diese Tradition wurde mit mehreren Unterbrechungen bis ins Jahr 1991 beibehalten.
Wie ein roter Faden ziehen sich auch Vereinswanderungen durch die Jahrzehnte.
Die kleine Albgemeinde Stetten u. H. durfte dann am 20. Juli 1930 das 10. Gauturnfest ausrichten. Bürgermeister Fidelis Holzhauer und die Gemeinderäte stellten sich mit der Einwohnerschaft und der Gauleitung geschlossen hinter unsere Turner.
Bericht der „Lauchert-Zeitung“ vom 26. Juli. 1930:
„In Stetten u.H. fand am letzten Sonntag das Turnfest des Starzel-Alb-Gaues statt. Nicht ohne Sorgen schauten Festort und Gauleitung in den letzten Tagen wegen der vorausgegangenen Regentage dem Sonntag entgegen. Trotz allem hatten die fleißigen Hände der Turner den Festplatz schön hergerichtet. Ehrenpforten an den Dorfeingängen, festlich geschmückte und beflaggte Häuser entboten den Turnern und sonstigen Gästen den Willkommengruß.
Am Samstagabend sammelten sich die Turner und Festgäste zu einer vom Turnverein veranstalteten gemütlichen Unterhaltung, bei der die Musikkapelle und der Gesangverein ihr ganzes Können zeigten.
Böllerschüsse weckten schon frühzeitig am Sonntagmorgen Turner und Einwohnerschaft. Die Klänge der Tagwacht brachten den letzten Schläfer auf die Beine. Kurz vor 6 Uhr formierten sich die Vereine zu einem Zug beim Pfarrhaus und zogen gemeinsam auf den inmitten des Dorfes gelegenen Festplatz, wo alsdann die Wettkämpfe im Einzelturnen, an den Geräten und volkstümlichen Turnen folgten. Da die Vereine von Melchingen, Starzeln, Killer und Haigerloch fehlten, war nicht nur die Zahl der turnenden Vereine, sondern auch die der Einzelturner im Vergleich zu früheren Jahren eine kleinere geworden. Beachtenswerte Leistungen wurden bei den Jugendabteilungen festgestellt. Auch das Vereinswetturnen stand auf sehr anerkennenswerter Höhe. Um 11 Uhr war für die Turner ein besonderer Gottesdienst, an dem
die Turner in so großer Zahl teilnahmen, daß die Kirche vollauf besetzt war. In seiner Ansprache wies der Pfarrer auf den Christophorus hin, der seine Kraft in den Dienst des Guten stellte und so zum Christusträger wurde. Beim Festzug am Nachmittag spielten drei Musikkapellen flotte Weisen. Dazwischen waren kräftig gesungene Turnerlieder zu hören. Auf dem Festplatz entbot nach einem Eröffnungsmarsch Bürgermeister Fidelis Holzhauer den Turnern und Festgästen den Willkommengruß der Gemeinde. Anschließend hielt der Vorsitzende des Gaues, H. Haiber, Hausen i. K., die Festrede. In derselben gedachte er des nun 70jährigen Bestehens der Deutschen Turnerschaft und zum Schluß der Befreiung der Rheinlande. Mit einem „Gut Heil“ auf das deutsche Vaterland schloß der Redner seine mit Beifall aufgenommenen Ausführungen. Als Vertreter des Landrats hielt Inspektor Hegemann eine Ansprache, der spontan das Deutschlandlied folgte. Als Vertreter des Turnkreises Schwaben überbrachte Kreisjugendwart Kohler die Grüße der Kreisleitung. Er ermahnte die Turner zur praktischen Volksgemeinschaft. Aufmarsch und Massenübungen boten ein erhebendes Bild. Sauber und gutdiszipliniert waren auch die Vorführungen der einzelnen Vereine. Gleichzeitig unterhielt die Musik die Festgäste im Zelt. Die Preisverteilung eröffnete der Gauvorsitzende mit einem kurzen Schlußwort, in dem er den Dank des Gaues an alle aussprach, die zum Gelingen des Festes beigetragen haben. Mit dem reibungslosen Ablauf dieses Gauturnfestes hat der Turnverein Stetten bewiesen, daß er nicht nur auf dem Turnplatz und auf der Theaterbühne in Ehren zu bestehen weiß, sondern das er es auch versteht, Feste zu feiern.“
In den darauffolgenden Jahren wurde die Zahl der Turner bei auswärtigen Turnfesten immer weniger, so dass der Verein im Jahre 1933 beim Gauturnfest in Trillfingen nicht mehr antrat. Nachdem sich die gleichen Zerfallserscheinungen auch bei anderen Vereinen des Starzel-Alb-Gaues bemerkbar machten, sah sich dessen 1.Vorsitzender H. Haiber veranlaßt, den Gau 1934 aufzulösen. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 und der 2.Weltkrieg lösten eine sechzehnjährige Ruhepause des Vereins aus.
„Neues Leben blüht aus den Ruinen“ – am 20.4.1950 versammelten sich im Schullokal 30 Männer und Jungmänner, um den Turnverein wieder neu aufleben zu lassen. Die Anwesenden waren einmütig der Meinung, dem Verein neue Impulse zu geben.
Zur Vorstandschaft wurden gewählt:
1. Vorsitzender Oberlehrer Anton Rebmann, 2.Vorsitzender Johann Freudemann, Schriftführer Johann Arnold, Kassier Anton Locher, Turnwart Josef Locher, 2. Turnwart Josef Riedinger (des Josef)
Sofort ging man daran, die vorhandenen Turngeräte in Ordnung zu bringen, und durch Spenden der Gemeine und der ortsansässigen Firmen konnten neue Geräte angeschafft werden.
Bei der Generalversammlung am 21.1.1951 wurde der Anschluß an den Turnerbund Schwaben beschlossen und der Sommer 1951 brachte eine erfreuliche Bereicherung des Turnbetriebes durch eine Schülerabteilung von 13 Knaben.
Die abgehaltenen Übungsstunden zeigten Wirkung und in den verschiedenen Wettkämpfen gegen auswärtige Vereine schlugen sich die Stettener Turner wacker.
In den Folgejahren nahmen die Turner und auch die Schülergruppe aktiv bei Gauturnfesten, Jubelfesten und Gaukindertreffen teil. Unter anderem beim Gauturnfest in Straßberg 1951, Gauturnfest in Hettingen 5./6. Juli 1952, 40jähriges Jubelfest des Turnvereins Schlatt im August 1952, Gauturnfest in Gammertingen 10./12. Juli 1953 und Bezirkstreffen in Ödenwaldstetten am 27.Juni 1954.
Am Kreismusik- und Heimatfest des hiesigen Musikvereins vom 18.-20. Juli 1953 bereicherte der Turnverein den Festzug durch geschlossenes, gutdiszipliniertes Auftreten. Die Darstellung einer Wagenpyramide fand lebhaften Beifall.
Im Jahre 1953 übernahm der damalige Hauptlehrer und spätere Oberlehrer Erwin Fecker den Vereinsvorsitz. In den darauffolgenden Jahren blieben Wechsel, Zu- und Abgänge von Vorstands- und Vereinsmitgliedern nicht aus. Viele hielten dem Verein die Treue, so dass Sie zu Ehrenmitgliedern ernannt und zum Teil auch mit Ehrenbriefen und Ehrennadeln des Verbandes ausgezeichnet wurden. Erwähnt seien hier beispielsweise Johann Freudemann, Franz Xaver Acker, Karl Schmid, Anton Holzhauer, Anton Locher, Johann Arnold, Alfred Dank und Fidel Heinzelmann welche den Gau-Ehrenbrief bekamen, und Johann Freudemann sowie Alfred Dank welche den Ehrenbriefes der Schwäbischen Turnerschaft verliehen bekamen.
In den Jahren 1955 bis 1966 folgte die jährliche Teilnahme an Gauturnfesten, Gaukindertreffen und auch beim Bruderverein TSV Gauselfingen nahm man regelmäßig am Hasle-Bergfest teil. Zu erwähnen ist, dass im Jahre 1960 beim Gaukindertreffen am 19. Juni 1960 in Laiz auch die Mädchen teilnahmen.
Weiterhin ist festgehalten, dass den aktiven Turnern die Benutzung des Turnraumes in der am 12. Dezember 1959 eingeweihten neuen Volksschule gestattet war. Der 1. Vorsitzende und Schulleiter E. Fecker zeichnete sich für die Einhaltung der Hausordnung verantwortlich.
Bei den Turnern war auch der Wintersport beliebt. Im Gemarkungsteil „Hinter Burg“ traf man sie am Sonntagnachmittag beim Skifahren. Eine Zugseilwende brachte die Sportler wieder zurück zur Abfahrtstelle.
Im Jahr 1963 wurde auch ein langersehntes Trampolin angeschafft und im Gymnastikraum der neuen Schule aufgestellt. Beim Gautag 1963 war u. a. auch die Ehrung alter, verdienter Mitglieder des Turngaues Hohenzollern auf der Tagesordnung. Hierbei wurde unser Ehrenmitglied Franz Xaver Acker mit der goldenen Ehrennadel des Schwäbischen Turnerbundes ausgezeichnet.
Im Jahr 1964 wurde eine Damenriege erwähnt, welche bei einer örtlichen Fastnachtsveranstaltung erstmals auftrat. Beim 74. Gauturnfest in Laiz 1965 traten die junge Damen zum erstenmal in der Geschichte des örtlichen Turnvereins bei einem Wettkampf mit ganzem Einsatz an.
Beim Gauturntag in Veringenstadt am 28.11.1965 wurde unser Verein mit der Übernahme des Gauturnfestes 1966 beauftragt. Die am 12.12.1965 im „Löwen“ stattgefundene Generalversammlung beschließt die Durchführung des Festes.
1. Vorsitzender Fecker und die aktiven Mitglieder im Frühjahr 1966
Im Jahre 1966 war der Verein Ausrichter des 75. Gauturnfestes des Turngau Hohenzollern, das von einer Vielzahl von Gastvereinen besucht wurde – dazu mehr in der Chronik – Teil II.
Hier die eingescannte komplette Festschrift von 1966 zum Download als PDF (ca. 11 MB).